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Zahnräder aus dem 3D-Drucker

Inhalt

Was ist ein Zahnrad?

Ein Zahnrad ist ein Maschinenelement, das der Leistungsübertragung durch direkten Flankenkontakt dient – in der Regel im Rahmen rotatorischer Bewegungen. Seit vielen Jahrhunderten sind Zahnräder integraler Bestandteil unzähliger Maschinen und mechanischer Systeme.

Mit dem Aufkommen des 3D-Drucks ist jedoch ein Umdenken erforderlich: Klassische Konstruktionsprinzipien müssen an die spezifischen Bedingungen der additiven Fertigung angepasst werden, um funktionsfähige und zugleich effiziente Zahnräder herstellen zu können. Der 3D-Druck eröffnet nicht nur neue gestalterische Freiheiten, sondern erfordert auch ein tiefgreifendes Verständnis für materialspezifische Grenzen und drucktechnische Optimierungen.

Grundsätzlich gilt beim 3D-Druck von Zahnräder : Die Kosten der Verzahnungs­komplexität hängen weniger von der Fertigung als vielmehr von der Entwicklung ab. Und genau hier setzen wir an – denn:

Warum ist der 3D-Drucker so effektiv?

3D-Druckfertigungstechnologien, auch additive Fertigung genannt, zeichnen sich dadurch aus, dass Material schichtweise aufgetragen wird. In der XY-Ebene wird jeweils eine Fläche erzeugt, die durch das Anheben bzw. Absenken der Z-Achse mit der nachfolgenden Schicht verbunden wird.

Es ist leicht nachvollziehbar, dass beispielsweise das Drucken eines Zylinders wenig sinnvoll ist, da sich dessen Querschnitt entlang der Z-Achse nicht verändert. Für solche Geometrien sind konventionelle Fertigungsverfahren wie z.B das Drehen oder Strangpressen (Extrusion) deutlich effizienter, da sie für gleichförmige oder rotationssymmetrische Bauteile effizienter sind.

Der 3D-Druck hingegen entfaltet seinen Vorteil dort, wo sich die Geometrie schichtweise verändert – beispielsweise bei Hinterschnitten, innenliegenden Strukturen oder organischen Formen. Für den Drucker spielt es dabei keine Rolle, ob in einer Schicht eine einfache Kontur oder eine komplexe Geometrie erzeugt wird – der Fertigungsaufwand bleibt nahezu gleich.

Und genau diesen Vorteil kann man gezielt nutzen – aber bevor wir darauf näher eingehen, stellt sich zunächst die Frage:

Wie sieht ein Zahnrad überhaupt aus?

Zahnräder unterscheiden sich z.B sowohl in der Form des Grundkörpers als auch in der Geometrie der Zahnflanken. Bei der Flankengeometrie wird zwischen verschiedenen Elementen wie der Flankenlinie, der Eingriffslinie und dem Zahnprofil unterschieden – diese definieren maßgeblich das kinematische und mechanische Verhalten im Eingriff.

Das gängigste und bekannteste Zahnrad ist das außenverzahnte, geradverzahnte Zylinderstirnrad mit evolventischer Verzahnung. Die Evolventenverzahnung hat sich gegenüber anderen Profilformen durchgesetzt – vor allem aufgrund ihrer vergleichsweise einfachen Fertigung und ihrer robusten Eingriffsbedingungen. Ein Beispiel für eine alternative Geometrie ist die Zykloidenverzahnung, die zwar theoretisch vorteilhafte Eigenschaften aufweist, jedoch sehr empfindlich auf Achsabstandsänderungen reagiert und teuer in der Fertigung ist.

Im Kontext des 3D-Drucks ergibt sich jedoch ein grundlegender Vorteil: Die Flankengeometrie kann frei gewählt werden. Ob Zykloide, Evolvente, Cosinusform oder experimentelle Ansätze – dem Druckprozess ist die mathematische Form der Kontur im Wesentlichen gleichgültig, solange sie in digitale Daten überführt werden kann. Der 3D-Drucker „unterscheidet nicht“ zwischen klassischen oder unkonventionellen Zahnprofilen – und genau darin liegt ein enormes Potenzial für Forschung, Prototyping und Funktionsanpassung.

Bild 1 : Teilungsverhältnisse Stirnrad
Bild 2 : Zykloidenverzahnung

Geometrie eines Stirnrads

Die Geometrie eines geradverzahnte Zylinderstirnrad basiert auf mehreren konzentrischen Kreisen, die bestimmte funktionale Eigenschaften des Zahnrads beschreiben. Die wichtigsten Kreise sind:

  • Teilkreis (d): Der Teilkreis ist der Referenzkreis für alle weiteren Berechnungen und definiert die Nennverzahnung. Der Teilkreisdurchmesser ergibt sich durch die Formel:
    d = m × z
    wobei m der Modul [mm] und z die Zähnezahl ist.
  • Kopfkreis (da): Dieser Kreis beschreibt die Spitzen der Zähne und ergibt sich zu:
    da = d + 2 × ha = m × (z + 2)
    wobei ha die Zahnkopfhöhe ist, üblicherweise ha = m.
  • Fußkreis (df): Der Fußkreis definiert die Unterkante der Zahnlücke und ergibt sich zu:
    df = d - 2 × hf = m × (z - 2.5)
    mit hf als Zahnfußhöhe. Für ein Standardprofil gilt oft hf = 1.25 × m.
  • Grundkreis (db): Auf diesem Kreis basiert die Evolventenkontur des Zahnprofils. Er wird mit dem Eingriffswinkel α (üblich: 20°) berechnet:
    db = d × cos(α)

Diese Kreise bilden die Grundlage für die analytische Beschreibung und Simulation von Zahnrädern. Sie sind essenziell für die CAD-Modellierung, die Eingriffsberechnung und auch für den 3D-Druck exakter Zahnprofile.

Der Eingriffswinkel α – also der Winkel zwischen der Tangente am Zahnflankenprofil und der gemeinsamen Eingriffslinie zweier Zähne – beträgt bei den meisten industriellen Stirnrädern standardmäßig 20°. Dieser Wert hat sich etabliert, da die meisten genormten Zahnstangen (z. B. nach DIN 3962) ebenfalls auf einem Eingriffswinkel von 20° basieren. Durch diese Standardisierung wird die Kompatibilität zwischen Zahnrädern und Zahnstangen sowie untereinander sichergestellt, insbesondere bei serientauglichen Fertigungsverfahren wie Wälzfräsen oder Stoßen.

Im Kontext der additiven Fertigung hingegen ist man nicht an diese Standardwerte gebunden. Der Eingriffswinkel kann im 3D-Modell frei gewählt und angepasst werden – sei es zur Optimierung des Flankenverlaufs, zur Anpassung an spezielle Kontaktbedingungen oder zur experimentellen Untersuchung alternativer Zahnprofile. Da der 3D-Druck unabhängig von genormten Werkzeugprofilen funktioniert, ist der Eingriffswinkel ebenso wie die Flankenform nicht an industrielle Vorgaben gekoppelt – eine Freiheit, die gezielt genutzt werden kann, um neue Zahnradkonzepte zu realisieren.

Das gleiche gilt auch für den Modul (m), der das zentrale Maß für die Zahnradgröße darstellt. Er definiert das Verhältnis zwischen Teilkreisdurchmesser und Zähnezahl nach:

m = d / z

In der industriellen Praxis werden Zahnräder typischerweise mit genormten Modulwerten gefertigt (z. B. 1.0, 1.25, 1.5, 2.0 mm etc.), da sich Fräswerkzeuge, Zahnstangen und Prüfmittel auf diese Raster beziehen. Diese Standardisierung vereinfacht den Austausch von Zahnrädern und reduziert Werkzeugvielfalt und Fertigungskosten.

Im 3D-Druck jedoch entfällt diese Beschränkung: Der Modul kann frei gewählt werden – mit beliebigen Dezimalwerten oder auch stetig veränderlich entlang eines Zahnrads (z. B. bei funktionsbasierten Verzahnungen oder Testgeometrien). Der Drucker benötigt keine Werkzeuge, keine Normzahnstangen und keine modulgebundenen Vorrichtungen. Solange das digitale Modell korrekt beschrieben ist, kann jede theoretisch denkbare Modulgröße direkt umgesetzt werden.

Bild 3 : Geometrie eines Zahnes (Evolventen)

Wie in Abbildung 3 zu erkennen ist, bilden der Kopfkreis (rot), der Fußkreis (rot) und die gespiegelten Evolventen(grün) zusammen das Zahnrad – in diesem Fall ein symmetrisches Zahnrad. Die beiden zusätzlichen Kreise, die als Hilfslinien dargestellt sind, entsprechen dem Teilkreis und dem Grundkreis.

Ein kleiner Hinweis: Die Nutzung asymmetrischer Zahnräder eignet sich besonders gut für unilaterale Getriebe, also Getriebe, die überwiegend in eine Richtung betrieben werden. Aufgrund des hohen Fertigungsaufwands und der komplexen Geometrie konnten sich asymmetrische Zahnflanken bisher in vielen Anwendungen nicht durchsetzen. Durch die additive Fertigung entfällt dieser Aufwand jedoch weitgehend, wodurch sich nun auch asymmetrische Flanken mit unterschiedlichen Eingriffswinkeln auf der linken und rechten Seite einfach herstellen lassen.

Mehr dazu folgt in den nächsten Beiträgen – jetzt aber zurück zur Evolvente:

Abrollende Gerade

Die Evolvente ist die Bahnkurve eines Punktes auf einer Geraden, die ohne Gleiten an einem Grundkreis abrollt. Sie bildet die Grundlage der Evolventenverzahnung und gewährleistet durch ihren konstanten Eingriffswinkel eine gleichmäßige Kraftübertragung. Die Parameterdarstellung erfolgt über den Abrollwinkel ϕ. Setzt man den Grundkreisradius rb = (m · z / 2) · cos(α) direkt in die Gleichungen ein, so ergibt sich die vollständige, anwendungsnahe Form der Evolventendarstellung:

x(ϕ) = (m · z / 2) · cos(α) · (-ϕ · cos(ϕ) + sin(ϕ))
y(ϕ) = (m · z / 2) · cos(α) · (ϕ · sin(ϕ) + cos(ϕ))

Diese Gleichungen beschreiben die Evolventenkurve vollständig in Abhängigkeit der grundlegenden Zahnradparameter. Der Eingriff erfolgt dabei stets entlang einer konstanten Linie, wodurch sich Evolventenverzahnungen besonders für präzise und effiziente Getriebeanwendungen eignen – selbst bei geringfügigen Achsabstandsabweichungen.

Bild 4 : Paramterdarstellung einer Evolvente im CAD-Modell

Unterschnitt als Beispiel

In der konventionellen Zahnradfertigung kann es insbesondere bei kleinen Zähnezahlen und ohne Profilkorrektur zum sogenannten Unterschnitt kommen – einer geometrischen Störung, bei der der Zahnfußbereich während der Fertigung ungewollt abgetragen wird. Dies beeinträchtigt nicht nur die Zahnform, sondern schwächt auch die mechanische Belastbarkeit erheblich. Um dies zu vermeiden, wird in der klassischen Verzahnung häufig eine Profilverschiebung vorgenommen, die zugleich auch zur Feinjustierung des Achsabstands dient. Im 3D-Druck hingegen besteht diese Problematik nicht in gleicher Weise: Da keine Werkzeuge in das Material eingreifen, entsteht beim digitalen Aufbau des Zahnprofils kein Unterschnitt im herkömmlichen Sinn. Darüber hinaus ist eine Profilverschiebung im additiven Kontext nicht zwingend erforderlich, da sich der Achsabstand direkt und kontinuierlich über die freie Wahl des Moduls anpassen lässt. Mehr zum Thema : Unterschnitt

Konstruieren in Schichten – Denken wie ein Drucker


Nach der Festlegung der Zahngeometrie in der Ebene ist es nun an der Zeit, das Zahnrad in den Raum zu überführen. Genau hier zeigt sich der Vorteil der additiven Fertigung mittels 3D-Druck. Der einfachste Fall ist das geradverzahnte Stirnrad: Die Zahnflanke verläuft entlang einer geraden Linie mit einer Länge, die der Zahnbreite entspricht – der Extrusionsvorgang bleibt geometrisch konstant über die Schichten hinweg.

Komplexer wird es bei der Schrägverzahnung. Zwar bleibt die Geometrie innerhalb einer Einzelschicht gleich, jedoch verändert sich die Position der Zahnflanke über die Zahnbreite hinweg kontinuierlich. Diese Flanken verlaufen entlang einer Helix, deren Steigung durch den Schrägungswinkel β definiert ist. Die Steigung p der Helix ergibt sich aus:

p = (π · m_t · z) / tan(β)

Dabei bezeichnet z die Zähnezahl, β den Schrägungswinkel (Helixwinkel) und m_t den Stirnmodul, also den effektiven Modul in der Stirnebene. Der Stirnmodul hängt direkt vom Normalmodul m_n ab und wird über folgende Beziehung berechnet:

m_t = m_n / cos(β)

Eine spezielle Form stellt die Pfeilverzahnung dar, bei der zwei spiegelbildlich gegeneinander geneigte Schrägverzahnungen aufeinandertreffen. Diese Form kompensiert axiale Kräfte vollständig, eignet sich besonders für hochbelastete Anwendungen – und lässt sich durch additive Fertigung ohne zusätzlichen Fertigungsaufwand umsetzen.

Hinweis und Ausblick

Dieser Beitrag ist nur ein einfacher Einstieg in eine umfassende Blogreihe zur additiven Fertigung von Zahnrädern.
Die gezeigten Abbildungen zeigen zum Teil bewusst vereinfachte Zahnformen – insbesondere ohne Darstellung der Fußrundungen.

Bei Braint3d modellieren wir Zahnräder nicht nur geometrisch exakt für den 3D-Druck, sondern entwickeln gemeinsam mit Ihnen funktionale Prototypen – vom einfachen Stirnrad bis hin zu komplexen, funktionsangepassten Zahnradlösungen in verschiedensten Ausführungen.

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